Augenbewegungsstörungen und Allgemeinerkrankungen

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Augenbewegungsstörungen und Allgemeinerkrankungen

Die äußeren Augenmuskeln, die wie die Skelettmuskulatur der quergestreiften Muskulatur zugerechnet werden, weisen verschiedene Superlative auf. Sie zeigen bei langandauernden Tätigkeiten die wenigsten Ermüdungserscheinungen aller Muskeln. Ihr Blutzufluss und ihre Sauerstoffkapazität übersteigt die aller anderen Muskeln, einschließlich des Herzmuskels. Ihre Nervenversorgung ist um ein Vielfaches dichter als die der Skelettmuskulatur. Dies alles ist erforderlich, um die Bewegungen beider Augen in optimaler Weise aufeinander abzustimmen. Bereits geringfügige Störungen äußern sich für die betroffenen Personen in Doppelbildern (Diplopie). Störungen der Augenbewegungen können u.a. auf eine gestörte Weiterleitung von Nervenimpulsen auf den nachfolgenden Augenmuskel (Myasthenie-Syndrom), auf Veränderungen der die Augenmuskeln steuernden Hirnnerven (Ophthalmoplegie) oder auf Schädigungen des Gleichgewichtsorgans im Innenohr zurückzuführen sein. Schließlich kann auch ein erhöhter Hirndruck die Augenbewegungen beeinflussen.  

Abb. 1a: Fixation mit dem linken Auge
Abb. 1b: Fixation mit dem rechten Auge

Besonders Erkrankungen oder Medikamente, die auf das Zentralnervensystem einwirken, sind in der Lage, Augenbewegungsstörungen hervorzurufen. In der Regel liegt bei den Betroffenen Patienten aber auch immer eine schwere neurologische Grunderkrankung vor, so dass nicht immer leicht zu erkennen ist, ob die Augenbewegungsstörungen eine Folge der Grunderkrankung oder Medikamentennebenwirkung sind. Die Störungen der Augenbewegung, die in der Regel bei Überdosierungen oder Kombination verschiedener Psychopharmaka auftreten, äußern sich gehäuft in einem Nystagmus und Doppelbildern. Eine Diplopie wird oft als erstes Hinweiszeichen auf mögliche toxische Medikamentennebenwirkungen angesehen. Wird der kausale Zusammenhang frühzeitig erkannt und entsprechend reagiert, kann sich die Bewegungsstörung der Augen wieder zurückbilden.

Im Gehirn existieren verschiedene Teilsysteme, die auf der Wirkung unterschiedlicher Neurotransmitter basieren. Eine Wechselwirkung oder Konkurrenz mit diesen Botenstoffen führt immer auch zu unerwünschten Nebenwirkungen. Durch diese Wechselwirkungen können die Vorgänge im Gehirn, die der Steuerung der Augenbewegungen dienen, sowie die Übertragung der Nervenimpulse von den Nerven auf die Augenmuskeln gehemmt werden.

Anatomie und Physiologie

An den Augenbewegungen sind jeweils sechs quergestreifte Muskeln pro Auge beteiligt. Da sich die Augen jedoch nicht unabhängig voneinander, sondern nur als Augenpaar bewegen, ist die gleichzeitige Koordination von zwölf Muskeln erforderlich. Im Gehirn müssen neben der Erzeugung der Innervation für die einzelnen Muskeln auch weitreichende Integrationsleistungen für das Wechselspiel der Muskeln untereinander geleistet werden. Die Kerne der drei Hirnnervenpaare (N. oculomotorius, N. trochlearis, N. abducens), die die Augenmuskeln steuern, liegen im Mittelhirn und in der Brücke (Pons). Sie sind untereinander durch Leitungsbahnen miteinander verknüpft.

Es werden verschiedene Augenbewegungen unterschieden. Sakkaden sind schnelle Augenbewegungen die der Abbildung eines peripher wahrgenommenen Objektes auf die Netzhautmitte dienen. Sie erreichen dabei Winkelgeschwindigkeiten von bis zu 1000 Grad pro Sekunde! Die Präzision dieser Bewegung liegt in der Größenordnung von einem Grad. Folgebewegungen sind langsamere gleitende Augenbewegungen, die der stetigen Fixation eines bewegten Objektes dienen (s. Abb. 1a u. b). Bei älteren Menschen treten häufig auffällige Augenbewegungen auf, die auf typische Altersveränderungendes okulomotorischen Systems zurückzuführen sind. An folgenden Veränderungen ist primär zu denken, bevor Allgemeinerkrankungen oder Medikamenteneinflüsse in Betracht gezogen werden:

- eingeschränkte Blickbewegungen nach oben

- Konvergenzschwäche

- sakkadenartige, langsame Folgebewegungen

- abnehmende Sakkadengeschwindigkeit

Es gibt einige Stellen am menschlichen Körper, die bei Schädigung mit Augenbewegunsstörungen reagieren. So können sich auch Läsionen des Innenohres auf die Augenbewegungen auswirken. Es bestehen Verbindungen zwischen dem Gleichgewichtsorgan im Innenohr, den Spannungsrezeptoren der Nackenmuskulatur und den Kernen der die Augenmuskeln innervierenden Hirnnerven, so dass bei veränderter Kopfhaltung entsprechende Ausgleichsbewegungen durch die Augenmuskeln erfolgen können. Dadurch soll eine unveränderte Lage des Netzhautbildes gewehrleistet werden. Finden in diesem Bereich Störungen statt, so können Doppelbilder verursacht werden. Im Sinuscavernosus verlaufen der dritte, vierte, fünfte und sechste Hirnnerv in enger Nachbarschaft. Bei Läsionen in diesem Bereich kommt es häufig zum Ausfall mehrerer Augenmuskelnerven, sowie zu Sensibilitätsstörungen oder Schmerzen einer Gesichtshälfte. Zusätzlich kann ein Horner-Syndrom bestehen. Als Ursache kommen vaskuläre Erkrankungen, Neubildungen, entzündliche Infiltrationen und Granulome, Sinus-cavernosus-Fisteln oder Sinus-cavernosus-Thrombosen infrage.

Prüfliste bei Augenbewegungsstörungen (Motilitätsstörungen)

- Visus – rechtes und linkes Auge

- Motilitätstest

- Pupillenreaktionstest

- Lidstellung

- Untersuchung der Kopf- und Körperhaltung

- Prüfung der Augenstellung mittels Reflexbildern (Hirschbergtest)

- Cover- undUncover-Test

- Motilitätstest- nach oben versetzen

- Maximale Exkursionsfähigkeit der Augen

- Geschwindigkeit und Treffsicherheit der Blick- und Zielbewegungen

- Fixationsruhe (Ausschluss von Fixations- und Blickrichtungsnystagmus)

- Optokinetischer Nystagmus

- Vestibulo-okulärer Reflex

Im Folgenden sind einige Allgemeinerkrankungen aufgeführt und beschrieben, bei denen Augenbewegungsstörungen zu den diagnostischen Begleiterscheinungen gehören können.

Toxoplasmose

Die Toxoplasmose ist eine durch den Einzeller Toxoplasma gondii übertragene Erkrankung, die in der Regel einen harmlosen Verlauf nimmt. Häufig läuft die Krankheit auch ohne erkennbare klinische Symptome ab. Toxoplasma ist ein Einzeller, der in Geweben zahlreicher warmblütiger Tiere vorkommt. Als wichtigster Überträger gilt für den Menschen die Katze. Rohes oder ungenügend erhitztes Schweinefleisch gilt ebenfalls als ein wichtiger Übertragungsweg für die Toxoplasmose. Die Durchseuchung mit dem Erreger ist hoch. Pro Lebensjahrzehnt wird mit einem Anstieg der Durchseuchungsrate von 10 % gerechnet. Rund zwei Drittel aller über 60-Jährigen sind mit dem Erreger infiziert.

Abb.2: Toxoplasmose; zentrale Narbe, dadurch Strabismus

Eine pränatale Toxoplasmose liegt vor, wenn eine Schwangere erstmalig während der Schwangerschaft an der Toxoplasmose erkrankt. Infektionen in der Frühphase der Schwangerschaft nehmen einen deutlich schwereren Verlauf als in der Spätphaseder Schwangerschaft. Man geht von ungefähr 3 Fällen einer pränatalen Toxoplasmose auf 1000 Lebendgeburten aus. Zu den Komplikationen, die hier auftreten können, zählen neben der Totgeburt auch ein Wasserkopf (Hydrocephalus), Verkalkungen im Gehirn und Schädigungen der Augen. Wird ein Kind mit pränataler Toxoplasmose klinisch gesund geboren, so können auch nach Jahren noch Augenschäden bis hin zur Erblindung auftreten. Die Toxoplasmose ist die häufigste Ursache einer infektiösen Retinitis. Obwohl einige Fälle eine Reaktivierung einer pränatalen Invasion darstellen, wird die Mehrzahl postnatal erworben. Die postnatale Toxoplasmose tritt erstmalig nach der Geburt auf. Es kommt hierbei zu leichtem Fieber, Mattigkeit, Kopfschmerzen im Stirnbereich, Muskel- und Gelenkschmerzen sowie Durchfall.

Abb.3: OS -Strabismus convergenz aufgrund der zentralen Narbe

 Auswirkung auf die Augen:

- regelmäßige Entzündungen der Aderhaut und Netzhaut

- pigmentierte Narbenbildung der Netzhaut (s. Abb. 2 u. 3)

- helle, unscharf begrenzte Infiltrate der Netzhaut

- reduzierte Sehleistung

- Gesichtsfeldeinschränkung

- gerötetes Auge

- Doppelbilder

Behandlung:

Zu den Zielen der Therapie zählen die Reduktion der Dauer und Schwere der akuten Entzündung, die Senkung des Risikos für einen permanenten Visusverlust, indem die Größe der zu erwartenden Narbe verkleinert wird und die Verringerung des Rezidivrisikos.

Marfan-Syndrom

Bei dem Marfan-Syndrom handelt es sich um eine genetisch bedingte Erkrankung des Bindegewebes. Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen; die ethnische Zugehörigkeit ist vernachlässigbar. Der Erbgang ist autosomal dominant. Das bedeutet: die Wahrscheinlichkeit, die Erkrankung an seine Nachkommen zu vererben, beträgt 50%. In 25-30% tritt das Marfan-Syndrom als Spontanmutation auf. Grund für die Krankheit ist das veränderte Gen für Fibrillin, welches eine wesentliche Komponente der Mikrofibrillen ist. Diese Mikrofibrillen bilden das Gerüst für die elastischen Fasern im menschlichen Körper und sind fast überall zu finden. Die Veränderungen im Bindegewebe werden daher in verschiedenen Organsystemen deutlich. Auffallend sind zum Beispiel die sehr langen und feinen Gliedmaßen (Spinnenfingrigkeit, s. Abb.4). Die häufigsten Probleme verursachen eine Fehlstellung der Wirbelsäule (Skoliose/ Kyphose) und eine Verformung des Brustbeins. Die Auswirkungen am Skelett können auch zu Beeinträchtigungen anderer Organe wie z.B. Herz und Lunge führen. Am Auge kann es durch Verschiebung oder Abreißen der Linse, Linsentrübungen oder Netzhautablösungen zu schweren Sehstörungen bis zur völligen Erblindung kommen. In der Lunge sind Blasenbildungen möglich. Diese können platzen und so ein Zusammenfallen der Lungenflügel (Pneumothorax) bewirken, was zu einer lebensbedrohlichen Atemnot führt.

Abb.4: Spinnenfingrigkeit

Die größten Gefahren liegen im Bereich des Herz-, Kreislaufsystems. In der Gefäßwand der Aorta (Hauptschlagader) sind Aneurysmen- und Rissbildungen möglich, was zum Platzen des Gefäßes führen kann. Veränderungen an den Herzklappen sind Grundlage für weitere Komplikationen, wie z.B. Herzinsuffizienz oder Endokarditis. Umsichtiges Verhalten von Patienten, Arzt und persönliches Umfeld, kann Menschen mit dem Marfan-Syndrom eine normale Lebenserwartung und dabei eine akzeptable Lebensqualität sichern. Die Auswirkung auf das Sehen ist darin begründet, dass Fibrillin Bestandteil der Zonulafasern ist. Die Zonulafasern sind durch den Fibrillinmangel stark verändert. Da bei der Fernakkommodation eine Abflachung der Linse nicht mehr richtig möglich ist, sind die Betroffenen meist stark Kurzsichtig. Das Hauptkriterium für die Diagnose Marfan-Syndrom ist das nach unten Rutschen der natürlichen Augenlinse (Subluxation).

Abb. 5: Patientin mit Marfan-Syndrom - Ptosis

Auswirkung auf die Augen:

- Linsensubluxation

- Doppelbilder

- frühzeitiger Grauer Star (Katarakt)

- Grüner Star (Glaukom)

- Netzhautablösung (amotio retinae)

- Reduziertes Akkomodationsvermögen

- Gesichtsfeldeinschränkung durch Ptosis (s. Abb. 5)

- Sicca Syndrom

Behandlung:

Sind die Lidhebemuskeln oder die versorgenden Nervenfasern geschädigt, senken sich die Augenlider schlaff herab. Verdecken Sie dabei die Pupillen kann mit der Lidchirurgie die Gesichtsfeldeinschränkung behoben werden. In milderen Ptosis-Fällen kann die homöopathische Konstitutionsbehandlung Abhilfe schaffen.

Medulloblastom

Hirntumoren sind nach der akuten Leukämie die zweit häufigste, bösartige Erkrankung bei Kindern. Das Medulloblastom (von den Nervenzellen ausgehender Hirntumor) tritt bei Kindern im ersten Lebensjahrzehn gehäuft auf. Es kann sich in Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit, Kopfschiefhaltung zu einer Schulterseite, Verhaltensveränderung und vegetative Störungen wie Atem- oder Blutdruckveränderungen sowie Störung der Bewegungskoordination (Ataxie) zeigen. Ein besonderer Hinweis ist das plötzliche, explosionsartige Erbrechen, vor allem bei schnellen Kopfbewegungen (zentrales Erbrechen). Die „ocular tiltreaction“ oder auch Hertwig-Magendie-Syndrom bezeichnet eine Störung der Blickmotorik mit Achsabweichung und Zyklorotation des Augapfels.  Als klinisches Zeichen dieser zentral-vestibulären Tonusdifferenz in der Roll-Ebene, zeigt sich in denfolgenden vier Komponenten: Kopfneigung, Abweichung der subjektiven visuellen Vertikalen als sensitivstes Zeichen, Skew deviation (pränukleäre vertikale Schielstellung) und Zykloduktion (gleichsinnige Bulbusverrollung). Oft liegt eine beidseitige, gleichsinnige Verrollung vor. Dabei ist oft das tiefer stehende Auge nach innen und das höher stehende Auge nach außen verrollt. Die Abweichungder beiden Augen in der Vertikalebene kann in allen Blickrichtungen gleich (konkomitant), aber auch ungleich (inkomitant) sein. Deshalb handelt essich nicht um ein Lähmungsschielen. Es treten Doppelbilder auf, die vertikal versetzt, aber auch verkippt sein können. Der Kunde hält seinen Kopf zur Schulter geneigt. Die ocular tilt reaction stellt ein häufiges Symptom bei Hirnstammläsionen dar und ist in der Regel mit weiteren zentralen Okulomotorikstörungen kombiniert. In seltenen Fällen tritt diese Symptomatik auch bei einer Schädigung des gleichseitigen Vestibularorgans (Labyrinth) auf, dass bei der Regulierung der Körperhaltung eine führende Rolle spielt.

Die „ocular tiltreaction“ ist durch Unterbrechung von supranucleären Bahnen zu erklären, die vom Otolithenapparat ausgehen, also von dem auf Linearbeschleunigung ansprechenden Teil des Gleichgewichtsorgans. Die Kopfneigung erklärt sich daher, dass die Otolithenimpulse bestimmte Halsmuskeln nicht erreichen, und die Verkippung der subjektiven Vertikalen beruht darauf, dass die Projektion zur vestibulären Hirnrinde gestört ist. Die subjektive Vertikale korreliert nicht immer streng mit der Augentorsion. So gibt es bei akuten Läsionen zentraler Otolithen-Projektionen im Hirnstamm plötzliches illusionäres Verkehrt- oder Schrägsehen (45–90°), obwohl die Augenanatomie nicht mehr als etwa 25°Verrollen zulässt. Die Kopfneigungzur Schulter ist bei der ocular tilt reaction kein Kompensationsmechanismus zur Vermeidung von Doppelbildern, wie bei der Trochlearisparese, sondern ein Ausfallssymptom. Entsprechend bleibt die Kopfneigung bei Okklusion des rechtenoder linken Auges bestehen.

Auswirkung auf die Augen:

- Doppelsehen

- veränderte Beziehung zwischen Makula und Papille (Verrollung – Exzykloduktion, Inzykloduktion)

- Verkippung dersubjektiven vertikalen Bildlinien

Behandlung:

Die Patienten müssen sich oft einer mehrfachen Bestrahlung und Chemotherapie unterziehen. Diese kann durch verschiedene Naturheilverfahren unterstützt werden. Nach Abschluss der Therapie verbessert sich der Befund wesentlich.

Albinismus

Albinismus bezeichnet eine Gruppe von erblichen Pigmentmangelkrankheiten. Nach einer Klassifikation aus dem Jahre 1978 unterscheidet man den okulokutanen Albinismusmit fünf klinisch signifikanten Unterformen vom okulären Albinismus, der in drei unterschiedlichen Formen auftritt. Jeder Subtyp des Albinismus hat eine Prävalenz von weniger als 1:10.000. In den meisten Fällen liegt die Sehschärfe zwischen 5% und 30%. Je nach Art des Albinismus und der Ausprägung der Entwicklungsstörung können auch Visuswerte bis 70% erreicht werden. Im Verlaufe des Patientenlebens kommt es zu einer Stabilisierung der Erkrankung, so dass keine weitere Verschlechterung stattfindet.

Abb. 6: Baby - 6 Wochen alt – mit okulokutanem Albinismus

Die Unterscheidungsmerkmale für die verschiedenen Albinismusvariationen sind klinischer, biochemischer, genetischer und struktureller Art. Bekannt geworden ist der Haarwurzel – DOPA – Test, durch den der Tyrosinase positive vom Tyrosynase negativen Albinismus unterschieden wird. Selten sind Assoziationen von Albinismus mit hämorrhagischer Diathese aufgrund eines Thrombozytendefekts, das Hermansky-Pudlak-Syndrom, sowie das Higashi-Syndrom. Da alle fünf Subtypen des okulokutanen Albinismus autosomal rezessiv vererbt werden, beim okulären Albinismus eine Form x-chromosomal rezessiv und die andere Form autosomal rezessiv, gewinnt die Kenntnis des Subtyps an Bedeutung für die genetische Beratung.

Die Hypogigmentierung schwankt in ihrer Ausprägung je nach Subtyp und ethnischer Zugehörigkeit des Betroffenen vom blonden bis zum pigmentlos erscheinenden Fundus. Die schwache Pigmentierung der Iris führt zu einer Durchleuchtbarkeit der Iris. Bedingt dadurch leiden die Betroffenen unter einer erhöhten Blendempfindlichkeit. Diesewird zusätzlich durch die verringerte Pigmentierung des retinalen Pigmentepithels gesteigert. Das Licht, welches an der Sklera reflektiert wird, gelangt wieder ins Auge und führt zu einem verminderten Kontrastsehen und einer erhöhten Blendempfindlichkeit. Die Augenfarbe kann von Blau bis zu einem hellen Braun variieren. Zu unterscheiden ist der Albinoidismus, der nur das kutane Erscheinungsbild (helle Haut undHaare) des Albinismus ohne okuläre Symptome hat. Unabhängig davon, welche Form des Albinismus vorliegt, weist das Auge immer Auffälligkeiten des Sehnervenverlaufs auf. Dabei kreuzen im Chiasma über 80% der Nervenfasern aus den zentralen temporalen Netzhäuten auf die gegenüberliegende Hirnhälfte. Die Signale von der zentralen Netzhaut des rechten und linken Auges werden getrennt voneinander weitergeleitet. Das zentrale Gesichtsfeld wird damit im Sehzentrumnur monokular abgebildet. Daraus resultiert fasst immer ein Nystagmus und Strabismus. Bei einem nicht Betroffenen kreuzen die Nervenfasern aus den medialen Netzhauthälften auf die gegenüberliegende Hirnhälfte, während die meisten Nervenfasern aus den zentralen temporalen Netzhauthälften auf der gleichen Hirnhälfte verbleiben. Somit ist das zentrale Gesichtsfeld binokularvertreten. In der 8 -12ten Lebenswoche entsteht oft ein Pendel- oder Rucknystagmus und ist häufig der erste Hinweis auf einen Albinismus. Mit dem 4. Lebensjahr stabilisieren sich langsam die Augensymptome und es tritt keine weitere Verschlechterung ein.

Die Netzhaut istder wichtigste Organisator für die Augenentwicklung. Von ihr gehen Botenstoffean andere Gewebe der Augenanlage aus und leiten dort deren weitere Entwicklungein. Sie spielt als Koordinator der Wachstumsvorgänge (Emmetropisation), auchnach der Geburt eine herausragende Rolle. Das retinale Pigmentepithel tritterstmalig in der vierten Schwangerschaftswoche in Erscheinung. Seine Zellensind zu diesem Zeitpunkt noch teilungsfähig. Ab der siebtenSchwangerschaftswoche ist das Auftreten kleiner Pigmentgranula zu beobachten.Finden in dieser Phase Entwicklungsstörungen statt, ist mit einer Linsenlosigkeit(Aphakie) oder Albinismus zu rechnen. Die Entwicklung der Netzhaut ist mit derGeburt noch nicht abgeschlossen. Bis zum Ende des vierten Lebensjahres lassensich in der Netzhaut noch Differenzierungs- und Reifungsprozesse nachweisen.

Auswirkung auf die Augen:

Bei allen Albinismusformen sind einige okuläre Symptome typische diagnostische Merkmale:

- reduzierteSehschärfe, bei fast 80% der Betroffenen – unter 0,25%

- erhöhte Inzidenzvon astigmatischen Brechungsfehlern

- oft Strabismus

- kongenitalerNystagmus

-Durchleuchtbarkeit der Iris mit erhöhter Blendempfindlichkeit (Photophobie)

- Hypoplasie derFovea

- fehlenderZentralreflex der Fovea

- abgeschächteHyperpigmentierung des makulären Pigmentepithels

Behandlung:

Die Patienten sin dauf eine lebenslange Anwendung von Lichtschutzbrillen mit verschiedenen Filterwirkungen und auf vergrößernde Sehhilfen angewiesen.

Abb. 7: Patienten– Dokumentation aus der Praxis:  inkompletter, okulokutaner Albinismus
Abb. 7a rechte Iris
Abb. 7b linke Iris
Abb. 7c: rechte zentrale Netzhaut, verminderte Funduspigmentierung - Hypopigmentierung
Abb. 7d: linke zentrale Netzhaut, verminderte Funduspigmentierung – Hypopigmentierung 
Schilddrüsenüberfunktion

Die Thyreotoxikose (Basedow-Krankheit) ist eine Autoimmunkrankheit, die gehäuft in der dritten bisvierten Lebensdekade beginnt. Es wird von circa 35 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohnern und Jahr ausgegangen. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.Etwa 25-50% der Patienten mit einer Thyreotoxikose entwickeln eine endokrine Orbitopathie. Die endokrine Orbitopathie kann mit einer Hyperthyreoseeinhergehen. Diese wird durch die exzessive Sekretion von Schilddrüsenhormonen verursacht. Die Basedow-Krankheit, der häufigste Subtyp der Hyperthyreoidismus, ist eine Autoimmunkrankheit, bei der IgG-Antikörper an Thyreoidea-stimulierendes-Hormon TSH-Rezeptoren in der Schilddrüse binden und die Sekretion von Schilddrüsenhormonen stimulieren. Diese Hormone wirken auf viele Stoffwechselprozesse und physiologische Vorgänge im Körper ein, indem sie den Körper für die Wirkung des Stresshormons Adrenalin und den Neurotransmitter des sympathischen Nervensystems, Noradrenalin sensibilisieren (s. Tab. 1).

Abb. 8: Exophthalamus– rechtes Auge

Eine Überfunktion der Schilddrüse, die zu einer vermehrten Auschüttung der Schilddrüsenhormone T 3 und T4 führt, hat entsprechende Folgen:

Stoffwechsel: Gewichtsabnahme, Heißhunger, Schwitzen,erhöhte Körpertemperatur, feuchte Hände

Nervensystem: Ruhelosigkeit, Reizbarkeit, Schlaflosigkeit, erhöhter Muskeltremor

Herz-und Kreislauf: erhöhter Blutdruck, erhöhtes Herzzeitvolumen, Tachykardie

Auge: Exopthalamus, Diplopie, Sehstörungen, Sicca-Syndrom

Tab.1: Anzeichen für Schilddrüsenüberfunktion

Die beiden wichtigsten Ursachen der Schilddrüsenüberfunktion sind die Basedowsche Erkrankung und die Schilddrüsenautonomie. Seltenere Ursachen sind Entzündungen (z.B. Hashimoto Thyreoiditis) oder Tumore der Hirnanhangsdrüse. Die Produktion der Schilddrüsenhormone unterliegt einer strengen Kontrolle durch den Hypothalamus und der Hypophyse. Eine Störung der Feedback-Mechanismen ist oft die Ursache der Schilddrüsenautonomie.

Auswirkung auf die Augen:

Die Augenveränderungen im Rahmen der Basedowschen Erkrankung sind durch das Hervortreten der Augen aus der Augenhöhle (Exophthalamus, s.Abb. 8), sowie das glänzende Erscheinungsbild der Augen auf Grund einer erhöhten Tränenfilmproduktiongekennzeichnet. Die Auswirkung der Basedowschen Krankheit entspricht denen, der endokrinen Orbitopathie (s. Tab. 2).

- Dalrymple-Zeichen:    Oberlidretraktion

- Graefe-Zeichen:          verzögerte Abwärtsbewegung des Oberlidesbeim Blick nach unten

- Kocher-Zeichen:         starrer Blick bei aufmerksamer Fixation

- Stellwag-Zeichen:       geringe Lidschlagfrequenz

- Moebius-Zeichen:       Konvergenzschwäche

- Rosenbach-Zeichen:  Tremor der geschlossenen Lider

- vertikale Doppelbilder!

Tab. 2: diagnostische Zeichen für endokrine Orbitopathie

In den meisten Fällen stellen die Augensymptome nur ein kosmetisches Problem dar. Die Retraktionder Lider ist eines der charakteristischsten Zeichen der Krankheit dar. Die Lidretraktion führt zu einer weit geöffneten Lidspalte und damit zu einererhöhten Verdunstungsrate des Tränenfilms. Die erweiterte Lidspalte hat oft einen inkompletten Lidschluss zur Folge (Lagophthalamus), wodurch ein Austrocknen begünstigt wird. Zu den häufigsten Auswirkungen am Auge, zählen die Veränderungen der äußeren Augenmuskeln.      

Behandlung:

Die operative Behandlung asymmetrischer Motilitätsstörungen ist sehr dankbar. Am häufigsten ist die Rücklagerung des fibrotischen M. rectus inferior indiziert. Der Eingriff sollte aber erst durchgeführt werden, wenn eine zugrunde liegende Hyperthyreose beseitigt ist und sich der Motilitätsbefund innerhalb eines Jahres nicht geändert hat.  

Parkinson

Parkinson ist eine der häufigsten Erkrankungen des Nervensystems. Es sind meist Menschen im mittleren Alter, vor allem jedoch Männer, zwischen 55 und 65 Jahren davon betroffen. Das Auftreten der Krankheit ist je nach Land und Region unterschiedlich. Die Ursachen der Krankheit sind bis heute unbekannt. Die Symptome dahingegen sind eindeutig. Verlangsamung beziehungsweise Verarmung der Bewegungen, Muskelsteifheit und Zittern zeichnen die Krankheit aus.

Zudem unterscheidet man drei Artenvon Parkinson:

- Familiäres Parkinson-Syndrom: erblich bedingt

- Symptomatisches Parkinson-Syndrom: durch Umwelteinflüsse oder andere Erkrankungen wie z.B. Tumore, Stoffwechselerkrankungen oder Depression bedingt

- Atypisches Parkinson-Syndrom: Auftreten zusammen mit anderen neurodegenerativen Erkrankungen 

Abb. 9: Strabismus convergenz bei Parkinson

Auswirkung auf die Augen:

- Doppelbilder – Strabismus convergenz (s. Abb. 9)

- Sakkaden und Folgebewegungen können gestört sein

- Blicklähmungen- Aufwärtsblick ist oft eingeschränkt

- Neurologische Läsionen mit sensorischem oder motorischem Reflexverlust

- seltener Lidschlag – Sicca Syndrom

Behandlung:

Auch wenn eine vollständige Heilung der Parkinson-Krankheit derzeit noch nicht möglich ist, können alternative und natürliche Therapieformen zu einer Besserung beitragen und die Lebenswartung der Patienten verlängern.

Nasennebenhöhlenkarzinom

Bösartige Tumoren können sich in jeder Region des Körpers bilden, so auch im Inneren der Nase und in den Nasennebenhöhlen. Meistens handelt es sich dabei um Tumoren, die direkt in der Nasenhaupthöhle oder in den Nasennebenhöhlen entstanden sind. Gelegentlich siedeln sich jedoch auch Metastasen ab, die an einer anderen Stelle des Körpers ihren Ursprung haben. Beispiele solcher Primärtumoren sind maligne Tumoren der Lunge, Brust, Hoden, Nieren oder der Schilddrüse.

Maligne Tumoren der Nasennebenhöhlen sind selten, können aber das Orbita mit einbeziehen und haben eine schlechte Prognose, wennsie nicht früh erkannt werden. Es ist deshalb wichtig, die mit ihnen einhergehenden otolaryngologischen und ophthalmologischen Veränderungen zu kennen.

Dadurch, dass sich die Tumoren in den Hohlräumen der Nasennebenhöhlen und der Nasenhaupthöhle zunächst unbemerkt ausdehnen können, stellen sich häufig erst in fortgeschrittenen Tumorstadien Beschwerden ein. Deshalb werden Tumoren im Bereich der Nasenhaupthöhle und der Nasennebenhöhlen oft erst spät diagnostiziert. Bei der Früherkennung ist die Prognose relativ gut. Sie wird Schulmedizinisch durch Chemo- undStrahlentherapie gestützt. Wächst der Tumor und durchdringt die knöcherne Augenhöhle, so kann sich der Zustand rapide verschlechtern und eine Enukleation des Bulbus wird unumgänglich (s. Abb. 10 u. 11).

Folgende Symptome können einzeln oder in Kombination auftreten:

- plötzlich auftretende einseitige Behinderung der Nasenatmung

- Riechminderung

- Druckgefühl

- blutiger Ausfluss aus der Nase

- aus der Nase austretender Geruch

- therapieresistente, einseitige Nasennebenhöhlenentzündung

- Gesichtsschmerzen

- Bulbusverlagerung mit Doppelbildern

Risikofaktoren:

- chronische Sinusitis, Polypen, Fisteln

- Schnupftabak-Konsum

- Alkohol, nitrosaminreiche Nahrung

- chemische Dämpfe und Reagenzien, z. B. Nickelverbindungen

Alter: vorwiegend zwischen 60 und 80 Jahren

Geschlecht: Verteilung m: w = 2,5

Abb. 10: Enukleation des Bulbus nach Nasennebenhöhlenkarzinom
Abb. 11: Gesichtsrekonstruktion mit einer Epithese

Im fortgeschrittenen Erkrankungsstadium stellen sich durch die Zunahme der Tumorgröße weitere Symptome ein.

- Wangenschwellung

- Schwellung im Bereich des mittleren Augenwinkels

- Kopf- und Gesichtsschmerzen

- Sensibilitätsstörung im Bereich der Wange

- rezidivierendes Nasenbluten

- Zahnlockerungen, Zahnschmerzen

Auswirkungen auf die Augen:

- Verlagerung des Augapfels

- Heraustreten des Augapfels aus der Augenhöhle

- Doppelbilder

- Lymphödeme (Augenschwellungen, asymmetrische Gesichtsschwellungen)

- Sehstörungen

- Tränenträufeln (Epiphora)

Behandlung:

Mit der Therapie soll die Entwicklung eines schmerzhaften und unansehnlichen Auges verhindert und so viel Sehleistung wie möglich erhalten werden. Da der Zeitpunkt der Metastasierung unbekannt ist, kann auch nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob die Therapie die Überlebenszeit beeinflusst. Die Maßnahmen müssen somit auf die individuelle Patientensituation abgestimmt werden. Deshalb sind regelmäßige Untersuchungen, vor allem der Lungen und der Leber, notwendig.

Schulmedizinische Verfahren: Amblyopieprophylaxe, optimale Korrektionsbrille evtl. mit Prismen, chirurgische Korrektur des Schielwinkels, Augenmuskels, Okklusionstherapie, Sehschule, Ptosis-Brille, Medikamente  

Naturheilverfahren:                 

 Atemtherapie, Psycho-Therapie, AutogenesTraining, Atem-Therapie, Ausleitungsverfahren

 Homöopathie          Phosphorus D12, Cina D6,Hyoscyamus D30, Kalium phosphoricum D6

 Schüßler Salze        Nr.2 Calcium Phosphoricum, Nr.5Kalium Phosphoricum, Nr.7 Magnesium Phosphoricum

 Augen-Akupunktur  Friday eye haelthcare needle – Augentherapie nach Freitag

 Augenübungen         Entspannungsübungen der Augenmuskel,Palmieren, Augen-Rollen

 Vitamine                    Vitamin A-, B1-, B2,Silizium, Selen

 Euphrasia - Augentrost.

Tab. 3: Therapieverfahren bei Augenbewegungsstörungen

Bilder: Randy Freitag

Quellen:

1. Kanski J. Klinische Ophthalmologie:Lehrbuch und Atlas. Urban & Fischer Verlag, 6. Auflage, 2008

2. Bach H-D. Äußere Kennzeichen InnererErkrankungen. BIO Ritter GmbH, 17. Auflage, 2010

3. Vogel W.H, Berke A. Pharmakologie desAuges, DOZ Verlag, 2006

4. Bierbach E. Naturheilpraxis Heute. Urban& Fischer Verlag, 4. Auflage, 2009

5. Richter I. Lehrbuch für Heilpraktiker.Urban & Fischer Verlag, 7. Auflage, 2009

6. Hanser, Hartwig, Lexikonder Neurowissenschaft, Spektrum Akademischer Verlag, 2005

7. Berke A. Allgemeinerkrankungen und dasAuge. DOZ Verlag, 2. Auflage, 2005

8. D. Straumann, R. M. Müri und K. Hess; Neurootologie und Neuroophthalmologie,Vertigocenter, Zürich

9. T. Schlote, M. Grüb, J. Mielke, M.Rohrbach; Taschenatlas Augenheilkunde, Thieme-Verlag, 2004

10. M.Sachsenweger, Augenheilkunde, Hippokrates Verlag Stuttgart, 1994

11. Huch R, Jürgens DJ. Mensch, Körper, Krankheit. Urban & Fischer Verlag, 6. Auflage,2011

12. A. Berke, Biologie des Auges, WVAO, 1999

 Autor:

Randy Freitag

– GermanEyeCare –

Hoffmannoptik e.K. – Augenoptisches Kompetenzzentrumim Markgräflerland

EurOptom, Augenoptiker-Meister, Heilpraktiker

veröffentlicht: Der Heilpraktiker, Verlag Volksgesundheit -12/16