Stoffwechselerkrankungen und deren Auswirkungen auf die Augen

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Stoffwechselerkrankungen und deren Auswirkungen auf die Augen

Der Körper ist einem ständigen Auf- und Abbau unterworfen. Aus den mit der Nahrung aufgenommenen Grundbausteinen wie Zucker, Fette und Aminosäuren werden komplexe Strukturen aufgebaut. Die meisten dieser Strukturen haben nur eine begrenzte Lebensdauer. Die durchschnittliche Lebenszeit der Erythrozyten beträgt beispielsweise 120 Tage. In den meisten Fällen basieren Stoffwechselerkrankungen auf angeborenen Enzymdefekten. So kann ein Tyrosinase-Mangel den Aufbau des Melanins aus der Aminosäure Tyrosin verhindern. Die Folge ist ein Albinismus. Ist der Abbau komplexer Moleküle verhindert, kommt es zur Speicherung der entsprechenden Metabolite. Daraus resultieren oft Organschäden, die sich mit charakteristischen Symptomen schon frühzeitig zeigen. Im Folgenden sollen einige Stoffwechselerkrankungen näher betrachtet werden.

Gicht

Die Gicht ist eine Stoffwechselerkrankung, die zu erhöhten Harnsäurewerten im Blut führt. Sie gilt kulturgeschichtlich als einer der ältesten Erkrankungen und wird oft durch Wohlstand begünstigt. Die Harnsäure entsteht durch den Abbau der Purine Adeninund Guanin, welche Bestandteile fasst jeder pflanzlichen und tierischen Zelle sind. Die Harnsäurebilanz im menschlichen Körper hat verschiedene Einflüsse. Bei der endogenen Harnsäureproduktion werden körpereigene Zellen ständig auf- und abgebaut. Dabei entsteht aus den Purinen der DNA und RNA über den entsprechenden Stoffwechsel die Harnsäure. Zusätzlich entsteht beim Abbau, der über die Nahrung aufgenommene Zellen, exogene Harnsäure. Die Ausscheidung erfolgt zu circa zwei Drittel über die Nieren und zu circa einem Drittel über den Stuhl. Bei der Gicht wird mehr Harnsäure gebildet als ausgeschieden. Diese positive Harnsäurebilanz kann verschiedene Ursachen haben. Neben genetischen Ursachen sind Übergewicht, Fettstoffwechselstörungen, Diabetes mellitus und Bluthochdruck für die Krankheitsentstehung verantwortlich. Ebenfalls können Allgemeinerkrankungen oder Medikamente, die einen erhöhten Zelluntergang zur Folge haben eine Gicht verursachen. Beispiele dafür sind Leukämie oder eine Schrumpfniere. Augenveränderungen sind durch die Einlagerung vonHarnsäurekristallen in die Bindehaut, Hornhaut, Linse und Sklera charakterisiert und rufen mechanische Reizungen hervor.

 Hyperthyreose

Die Hyperthyreose wird durch die exzessive Sekretion von Schilddrüsenhormonen verursacht. Die Basedowsche-Krankheit (Morbus Basedow), der häufigste Subtyp des Hyperthyreoidismus, ist eine Autoimmunerkrankung, bei der IgG-Antikörper an Thyreoidea-stimulierendes-Hormon (TSH)-Rezeptoren in der Schilddrüse binden und die Sekretion von Schilddrüsenhormonen stimulieren. Sie ist bei Frauen häufiger und kann mit anderen Autoimmunerkrankungen assoziiert sein. Die Erkrankung beginnt in der dritten bis vierten Lebensdekade mit Gewichtsverlust trotz guten Appetits, häufigen Stuhlgang, Schwitzen,Hitzeintoleranz, Nervosität, Reizbarkeit, Schwäche und Ermüdbarkeit. Äußere Kennzeichen sind diffuse Schilddrüsenvergrößerung, feiner Handtremor, Palmar Erythem sowie warme, schwitzende Haut, Trommelschlägelfinger und Plummer-Nägel. Diagnostische Augenveränderungen für diese Erkrankung sind häufig Lidretraktion, Chemosis, Keratokonjunktivitis des oberen Limbus, Keratokonjunktivitis sicca und Diplopie (Abb. 1) und Exophthalamus. Beim Morbus Basedow oder bei der Hashimoto-Thyreoiditis kann es krankheitsbegleitend zu Autoimmunreaktionen im Bereich der Orbita, genauer im orbitalen Fettgewebe, kommen. Diese Entzündung führt zur Schwellung des retrobulbären Gewebes und zur Proliferation. Der dadurch entstehende Exophthalamus betrifft, in der Mehrzahl der Fälle, beide Augen.

Homocystinurie

Die Homocystinurie wird durch einen Mangel an Cystathionin-β-Synthase verursacht, der zu einer Ansammlung von Homocystin und Methionin führt. Dieser Mangel führt zu Störungender Bindegewebssynthese, einen hohen Homocystinspiegel im Blut und Urin. Die Patienten sind oft geistig behindert. Die Leber kann vergrößert und der Blutdruck erhöht sein. Die Erkrankung gleicht dem Marfan-Syndrom, geht aber oft mit Thrombosen einher. Charakteristische Befunde zeigen sich in – blondes Haar und Wangenrötung, marfanoider Habitus, Zahnstellungsanomalien, geistige Retardierung und psychiatrische Störungen. Osteoporose, Kompressionsfrakturen, Thrombosen in jedem Gefäß und Alter sind Komplikationen die auf eine Homocystinurie hindeuten (Abb. 2). Diagnostische Augenveränderungen ähneln oft den Veränderungen des Marfan-Syndroms. Besonders eine Luxation der Augenlinse (Ectopia lentis) nach medial, superior ist auffällig. Die Verlagerung der Linse begünstigt die Entstehung einer Katarakt sowie eines sekundären Glaukoms. Starke Myopien oder Netzhautablösung können ebenfalls auftreten.

Abb. 1: Diplopie

Abb.2: Thrombose an der oberen Bindehaut - linkes Auge 

Cushing-Syndrom

Das Cushing-Syndrom entsteht durch eine Erhöhung des Plasma-Glukokortikoid-Spiegels über einen längeren Zeitraum. Die häufigste Ursache ist die systemische Applikation von Steroiden, Hypersekretion von Glukokortikoiden durch die Nebennierenrinde oder Hypersekretion von ACTH (adrenokortikotropes Hormon) durch ein Hypophysenadenom. Ein typischer Befund ist ein starkes Übergewicht (Obesitas). Diese kann generalisiert sein oder klassisch nur den Stamm, das Abdomen und den Nacken betreffen. Das Gesicht ist geschwollen (Mondgesicht) und die Gesichtsfarbe streifenförmig, rötlich (Striae rubrae) aussehend. Frauen können einen Hirsutismus zeigen. Die Haut ist dünn und entwickelt leicht Hämatome und kann rote Streifen aufzeigen. Eine Hyperpigmentierung kann sich bei ACTH-abhängiger Cushing-Krankheit entwickeln. Andere Veränderungen sind Depressionen, Psychosen, Osteoporose, schlechte Wundheilung und proximale Myopathie. Häufige Komplikationen sind Hypertonie, Diabetes mellitus, pathologische Frakturen und eine akute Nekrose des Femurkopfes. Eine chirurgische Entfernung des Hypophysentumors oder eines sezernierenden Nebennierenrindentumors ist meist unumgänglich. Ektopische Herde mit einer ACTH-Sekretion können ebenfalls entfernt werden. Medikamentöse Suppression der Kortisol-Sekretion. An den Augen entwickelt sich häufig ein steroidinduzierter Katarakt. Selten zeigt sich eine bitemporale Hemianopsie. *

 * Als bitemporale Hemianopsie bezeichnet man eine Sehstörung mit Ausfall beider temporaler Gesichtsfelder. Der Betroffene erhält keinen visuellen Eindruck mehr von dem, was jeweils seitlich (temporal) passiert (»Scheuklappenblindheit«)

Akromegalie

Die Akromegalie (Abb. 3)wird durch die exzessive Ausschüttung von Wachstumshormonen (somatrophes Hormon, STH) bei Erwachsenen verursacht. Sie ist fast immer auf ein Hypophysenadenom zurückzuführen. Charakteristische Zeichen zeigen sich in einer Hyperhidrose, Seborrhoe, Akne und Hirsutismus bei Frauen. Grobe Gesichtszüge – dicke Lippen, ausgeprägte nasolabiale Falten, Vergrößerung des Unterkiefers, der Hände, der Füße, Zunge und der inneren Organe. Osteoarthritis, Karpaltunnel-Syndrom, Kardiomyopathie, Hypertonie, respiratorische Erkrankungen, Diabetes mellitus, Neuropathie sind Komplikationen die bei der Akromegalie auftreten können. »Scheuklappen-Gesichtsfelddefekte« (bitemporale Hemianopsie), Optikusathrophie, Angioid streaks oder Seesaw Nystagmus (Schaukel-Nystagmus) können ebenfalls eine Folge der übermäßigen Hormonausschüttung sein.

Abb. 3: Patientin mit Akromegalie

Diabetes mellitus

Diabetes mellitus ist eine chronisch verlaufende Stoffwechselerkrankung bei der ein absoluter oder relativer Insulinmangel besteht. Die Folgen sind vor allem Störungen im Kohlehydratstoffwechsel, aber auch im Fett- und Eiweißstoffwechsel zu sehen. Man schätzt die Zahl der Erkrankungen heute auf 3 – 5 % der Bevölkerung. Dabei ist die Anzahl der unentdeckten Diabetiker noch nicht mitberücksichtigt. Häufig wird die Verdachtsdiagnose durch Veränderungen am Auge gestellt (Abb. 4). Liegt eine familiäre Belastung vor, ist die Wahrscheinlichkeit an Diabetes mellitus zu erkranken erhöht. Man unterscheidet vier Diabetes-mellitus-Typen. Davon treten zwei Formen sehr häufig auf:

Der Diabetes Typ 1,

bricht meist vor dem 40. Lebensjahr, oft schon bei Kindern und Jugendlichen aus. Esherrscht ein absoluter Insulinmangel. Der Erkrankung liegt überwiegend ein Autoimmungeschehen zugrunde, dass seine Ursache vermutlich in einer vorausgegangenen Viruserkrankung oder in Umweltgiften hat. Diese Veränderung erfolgt beim Jugendlichen meist innerhalb kurzer Zeit, im höheren Alter auch langsam. Die Patienten sind auf das tägliche Spritzen von Insulin angewiesen.

Ein Diabetes Typ 2,

tritt vor allem im höheren Lebensalter auf, allerdings können auch adipöse Kinder betroffen sein. Von eineiigen Zwillingen erkranken mehr als 90 % der Geschwister an Diabetes. Damit ergibt sich eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit der Vererbung als bei Typ 1. Jedoch spielen als Realisierungsfaktoren Übergewicht und Bewegungsarmut eine wichtige Rolle. Die Krankheit entwickelt sich langsam. Man vermutet als Ursache eine verminderte Insulinempfindlichkeit der Zellen und ein daraus resultierender relativer Insulinmangel. Damit ist gemeint, dass die im Blut vorhandene Insulinmenge nicht reicht, die Blutzuckerwerte im Normbereich zu halten. Im Allgemeinen können folgende Faktoren einen die Entwicklung eines Diabetes mellitus begünstigen: Insulinmangel, Insulinantikörper, Gegenregulationsmechanismen und Ansprechbarkeit der Zellen.

Als Folge des veränderten Insulinspiegels ist eine Hyperglykämie, die ihrerseits zur Glukosurie führt. Damit versucht der Körper, den erhöhten Glukosegehalt des Blutes über die Harnausscheidung zu normalisieren. Um die überschüssige Glukose ausscheiden zu können, benötigen die Nieren vermehrt Wasser, sodass es zu gesteigertem Durst (Polydipsie) und zueiner vermehrten Harnmenge (Polyurie) kommt. Wird nicht ausreichend getrunken, könnensich Austrocknungszeichen (Exsikkose) einstellen. Die klinischen Symptome hängen vom Ausmaß des Insulinmangels ab (siehe Tab. 2). In Mitteleuropa sind rund 0,3 % der Bevölkerung an Diabetes Typ 1 erkrankt. Frauen und Männer sind ungefähr gleichhäufig von dieser Erkrankung betroffen. Der Diabetes Typ 2 hat eine Prävalenz von mindestens 6 %. Frauen leiden deutlich häufiger am Typ-2-Diabetes als Männer.

                           NBZ (mg/dl)   HbA1 (%)     HbA1c

gut                         80 – 110       < 8,0             < 6,5

mäßig                   111 – 140       8,0 – 9,5     6,5 – 7,5

unzureichend  >140                 >9,5               > 7,5

Tab.1: Regelwert zur Blutzuckerkonzentration

Abb.4: Ptosis bei Diabetes mellitus

Symptom                              Häufigkeit %

Starker Durst (> 5l/Tag)         67 – 90

Mattigkeit,Abgeschlagenheit 64 – 80

VermehrtesWasserlassen       40 – 75

Juckreiz                                   20 – 50

Sehstörungen                          25

Heißhunger                              25

Infektanfälligkeit                     10 – 15

Tab. 2: Symptome der Zuckerkrankheit

Da immer mehr Kinder adipös sind, nimmt die Erkrankung bei Kindern und Jugendlichen stark zu. Auch weltweit ist diese Tendenz zu beobachten. Die gefährdetsten Organe sind: die Augen (Erblindung), Nieren (Nierenversagen), Herz (stummer Herzinfarkt), Nerven (Polyneuropathien), Gehirn Hirnschlag) und die Füße. Bei der Verdachtsanamnese sollte nach: Sehstörungen, Juckreiz, rezidivierenden Infekten, Gewichtsabnahme, Polyurie und Polydipsie gefragt werden. Folgeschäden durch Diabetes mellitus verkürzen die Lebenserwartung von Zuckerkranken im Vergleich zu Nichtdiabetikern um rund 8 Jahre. Der »beste Schutz« sind regelmäßige Blutzuckerkontrollen und eine auf den Patienten zugeschnittene Therapie. Je besser und konstanter der Blutzuckerspiegel eingestellt ist, umso geringer ist die Gefahr, dass der Körper dauerhaft Schaden erleidet. Die direkten Auswirkungen eines langen erhöhten Blutzuckerspiegels äußern sich besonders an pathologischen Veränderungen der kleinen Blutgefäße (diabetische Mikroangiopathie) und der Nerven (diabetische Neuropathie). Organe wie das Gehirn, die Augen und die Nieren, die eine starke Durchblutung aufweisen, sind somit einem höheren Schädigungsrisiko ausgesetzt.

 Diabetische Mikroangiopathie

Viele kleinere Blutgefäße werden brüchig und weisen eine erhöhte Durchlässigkeit (Permeabilität) auf. Die gleichzeitige Verdickung der Gefäßwände ist ursächlich für Gefäßverschlüsse und Durchblutungsstörungen. Bei den kleineren Blutgefäßen können ballonartige Verdickungen (Mikroaneurysmen) auftreten.

Schlaganfall           alle 12 Minuten

Amputation            alle 16 Minuten

Herzinfarkt             alle 19 Minuten

Neuer Dialysefall   alle 60 Minuten

Erblindung             alle 86 Minuten

Tab. 3: Komplikationen der Zuckerkrankheit – nach Angaben der Deutsche Diabetesstiftung

Diabetische Neuropathie

Nach einem langjährigen Bestehen der Erkrankung leiden viele Patienten an Schädigungen der Nervenfasern. Schmerzhaftes Brennen, verändertes Temperaturempfinden und eine herabgesetzte Sensibilität sind nur einige Merkmale der devitalisierten Nervenzellen.

Diabetische Nephropathie

Diabetes mellitus ist die häufigste Ursache für das chronische Nierenversagen. Eine schwere Schädigungder Nieren führt zur renalen Hypertonie.

Diabetische Makroangiopathie

Patienten mit dieser Erkrankung unterliegen einem erhöhten Risiko von Herz-Kreislauferkrankungen. Durch die Glukose wird die Ausbildung von arteriosklerotischen Plaquesbegünstigt.

Veränderungen des Blutes

Glukose, die ungehindert in die Erythrozyten eindringen kann, ruft chemische Veränderungen des Hämoglobins hervor. Sauerstoff wird dadurch stärker an das Hämoglobin gebunden und kann nur begrenzt an das Gewebe abgegeben werden. Es resultieren ein Sauerstoffmangel und eine Gewebenekrose. Des Weiteren führt ein länger bestehender Diabetes mellitus zu einer Verklumpung der Erythrozyten und verändert dadurch die Viskosität es Blutes.

Diabetischer Fuß

Oft hat die Krankheitspatogenese schlecht heilende Wunden zur Folge. Kleine Verletzungen der Füße können schon zu schweren Komplikationen führen, die unter ungünstigen Umständen eine Amputation unumgänglich machen. Bei älteren Diabetikern leiden 15 % an einem diabetischen Fuß.

Störungen der Sexualfunktion

Nervenschädigungen und Durchblutungsstörungen sind oft die Ursache von Erektionsschwierigkeiten und Potenzproblemen. Die Wechselwirkungen zwischen Ernährung, Körper und Psyche sind sehr komplex. Beteiligt sind unteranderen hormonellen, neuronalen, metabolischen, psychischen und sozialen Faktoren. Ist das System nicht ausgewogen, kann es zu erheblichen Problemen führen. Am günstigsten ist eine Ernährung, die 55 – 65 % der Kalorien als Kohlenhydrate, 25 – 30 % in Form von Fetten und 10 –15 % als Eiweiß enthält. Weiterhin sollte der Salzkonsum weniger als 6 g pro Tag und der Alkoholkonsum bei Männern unter 20 g und bei Frauen unter 10 g pro Tag liegen. Bei Diabetikern gerät die Zuckerstoffwechsellage manchmal aus dem Gleichgewicht, vor allem bei zu hoch oder zu niedrig dosierten Medikamenten. Extreme Entgleisungen nach oben oder unten können im schlimmsten Fall zu Bewusstlosigkeit führen und ein diabetisches Koma hervorrufen.

Unterzuckerung – Hypoglykämischer Schock

Die Blutzuckerwerte liegen oftmals unter 50 mg/dl. Der Zustand tritt sehr schnell ein und ist ein Notfall. Vorboten sind Heißhunger, Aggressivität und Zittrigkeit. Der Patient fühlt sich kalt und verschwitzt an. Erweiterte Pupillen, Sehstörungen und gesteigerte Reflexe sind Hinweise auf einen bevorstehenden Notfall. Die bewusstlosen Patienten müssen sofort in die stabile Seitenlage gebracht und der Notarzt gerufen werden!

Erste-Hilfe-Maßnahmen:

• Zuckerhaltigesverabreichen, sofern der Betroffene beiBewusstsein ist

• Blutzuckermessung nachdem Essen

• Glukagon-Injektion,wenn vorhanden

• den Patienten warmhalten

• Schockprophylaxe und Kontrolle der Vitalfunktionen

Abb. 5: Anisokorie durch Irisneovaskularisation – unterschiedliche Pupillengrößen

Überzuckerung– Diabetisches Koma

Es zeigen sich zwei Formen des Diabetischen Komas, die verschiedene Ursachen haben können. Fehler bei der Ernährung, unzureichende Tabletteneinnahme oder ein plötzlich erhöhter Insulinbedarf können ursächlich für die Notfallsituationsein.

a) Ketoazidotisches Koma

Der hochgradige Insulinmangel führt zu einer Hyperglykämie. Dabei ist der Blutzucker oft zwischen 300 – 700 mg/dl und einem gesteigerten Fettabbau (Lipolyse) mit Ketonkörperproduktion. Dadurch entwickelt sich eine metabolische Azidose. Chatakteristisch ist eine tiefe Atmung – »Kussmaul-Atmung« mit Acetongeruch der Atemluft. Oft bei Typ-1-Diabetikern.

Symptome: Azidose mit Übelkeit, Erbrechen, Schwäche, Appetitlosigkeit

b) Hyperosmolares Koma

Die starke Überzuckerung (Hyperglykämie) zeigt sich bei Blutzuckerwerten oft >700 mg/dl. Die vorhandenen Insulinreserven reichen nicht aus, um die Lipolyse zu hemmen. Hierdurch entsteht ein Volumenmangel und Exsikkosegefahr. Oft beiTyp-2-Diabetikern.

Symptome: Acetongeruch beim Ausatmen, Bewusstseinseintrübung (Somnolenz), Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, schneller Puls (Tachykardie), niedriger Blutdruck (Hypotonie), vermehrter Harndrang (Polyurie), starkes Durstgefühl (Polydipsie), Muskelschwäche, trockene, heiße Haut, Schocksymptome!

Erste-Hilfe-Maßnahmen:

•sofort Notarzt rufen

•bei Bewusstlosigkeit: stabile Seitenlage

•venösen Zugang legen

•Volumenersatz, Kontrolle der Vitalfunktionen

 Augenveränderungbei Diabetes mellitus

Das Auge verfügt über eine sehr hohe Blutversorgung und extreme Nervenfaserdichte. So wird der Ziliarmuskel im Auge circa 20-mal mehr durchblutet wie die vergleichbare Großhirnmasse. Weiterhin befinden sich rund 5 Millionen Zapfenund 100.000 Millionen Stäbchen auf der Netzhaut. Von den 12 Hirnnervenpaaren wirken 6 Hirnnervenpaare am Auge. Somit wird deutlich, dass das Auge eines der am stärksten von der Zuckerkrankheit betroffenen Organe ist. Oft wird die Verdachtsdiagnose Diabetes mellitus durch die charakteristischen Veränderungenam Auge gestellt. Ein langsam stärker hängendes Oberlid (Abb. 4), kleine Fetteinlagerungen in die Lider (Xantelasmen) oder Neovaskularisationen (Abb. 5/ 8) der Iris sind äußere Krankheitszeichen. Die Tabelle 4 listet mögliche Augenveränderung bei Diabetes mellitus auf. Durch regelmäßige Verlaufskontrollen und der sorgfältige Umgang mit der Krankheit muss ein Sehverlust oder im schlimmsten Fall das Entfernen des Auges (Enukleation) verhindert werden.  

Die diabetische Retinopathie ist eine durch Insulinmangel hervorgerufene Mikroangiopathie der Netzhaut. Die Hyperglykämie hat Einfluss auf den Sorbitolzyklus, die nicht-enzymatische Glykierung und Bildung von Advanced Glycation End Product (AGE) sowie die Aktivierung der Diacylglyceral und Proteinkinase C (DAG/PKC). Sie ist durch eine Mikrovaskulopathie charakterisiert. Das zeigt sich oft in der Verdickung der Basalmembran, in einem Perizytenverlust und in der Abnahme der Extrazellulärmatrix. Als Folge dieser Veränderungen können sich Netzhautödeme, Mikroaneurysmen, retinale Neovaskularisationen und Netzhautischämien entwickeln. Das Zytokin VEGF (Vascular endothelial Growth Factor) ist ein wichtiger Faktor in der Pathogenese der diabetischen Retinopathie. Der Verschluss der retinaler Kapillargefäße und diedaraus resultierenden Hypoxie führen zu vermehrter Freisetzung von VEGF. Dies führt dann zu Neovaskularisationen und Gefäßleckagen der Netzhaut. In den westlichen Industrieländern beträgt die Erblindungsrate bei den unter 65-Jährigen 8 % und bei den älteren Diabetes mellitus Betroffenen 15 %. Den Grad der diabetischen Retinopathie teilt man in die nichtproliferative und proliferative Form (Abb. 7) ein. Klinisch signifikant sind zahlreiche Mikroaneyrismen in allen vier Netzhautqadranten oder perlschnurartige Venen in mindestens zwei Quadrantenoder IRMA in einem Quadranten. Diese 4-2-1-Regel weißt auf einen schweren Verlauf der diabetischen Retinopathie hin. Das Risiko der Entstehung und das Fortschreiten der diabetischen Retinopathie steigen mit der zunehmenden Dauer des Diabetes mellitus. Bei Typ-1-Diabetikern beträgt die Häufigkeit, bei einer Erkrankungsdauer von bis zu 5 Jahren, 13 %. Der Anteil von Patienten mit einer diabetischen Retinopathie steigt auf 85 % bei einer Erkrankungsdauer von mehr als 10 Jahren. Im Gegensatz dazu ist bei den Typ 2 Diabetikern mit einem Erkrankungszeitraum von 5 Jahren, die proliferative diabetische Retinopathie bei 2 % und bei einem längeren Zeitraum als 25 Jahren bei 25 %. Einen entscheidenden Einfluss auf die Progression der Erkrankung haben sich bei einem ungenügend eingestellten Langzeitzuckerwert (HbA1c) gezeigt. Eine Schwangerschaft gilt als Risikofaktor für das Auftreten oder Fortschreiten einer diabetischen Retinopathie. Sollte zu Beginn derSchwangerschaft eine milde nicht-proliferative diabetische Retinopathie vorliegen, werden regelmäßige ophthalmologische Untersuchungen empfohlen. Nach einer Kataraktoperation kann eine diabetische Retinopathie zunehmen.

Metabolisches Syndrom

MancheDiabetiker leiden an weiteren Erkrankungen, die sich zusammen mit dem Diabetes mellitus zu einem gefährlichen Quartett vereinen: das metabolische Syndrom.

Das Zusammenspiel schädigt Herz, Kreislauf und Blutgefäße massiv und erhöht dieHerzinfarkt- und Schlaganfallgefahr dadurch erheblich. Das metabolische Syndrombasiert auf folgenden Gesundheitsrisiken:

•bauchbetontes Übergewicht (Taillenumfang): Männer > 94 cm, Frauen > 80 cm

•erhöhte Blutzuckerwerte oder bekannter Typ-2-Diabetes

•erhöhte Triglyzeridwerte > 150 mg/dl

•vermindertes HDL-Cholesterin; Männer < 40 mg/dl, Frauen < 50 mg/dl

•Blutdruck > 130/85 mm/Hg

Lider            Xantelasmen, Ptosis (Abb.4)

Bindehaut   Vergrößerung von Mikroaneurysmen der Venen

Hornhaut    Wundheilungsstörungen, herabgesetzte Sensibilität, rezidivierende Erosio

Iris               Rubeosis iridis (Abb.8), Neovaskularisationsglaukom (Abb. 6)

Linse           Refraktionsschwankungen

Ziliarkörper Ausfall derNahakkommodation

Netzhaut     diabetische Retinopathie (Abb. 7), Netzhautablösung

Glaskörper Glaskörperblutungen

Tab. 4:Augenveränderungen bei Diabetes mellitus

Abb. 6: Glaukomatöse Optikusatrophie **

** entstanden durch Neovaskularisationen in der Iris und dem Kammerwinkel

Allgemeine Empfehlungen

Bei dem begründeten Verdacht auf Diabetes mellitus sollte man den Hausarzt konsultieren. Die gesicherte Diagnose gibt die Gewissheit darüber, dass etwas geändert werden muss. Der an Diabetes Typ 2 erkrankte Mensch wird seine Erkrankung eventuell durch eine Ernährungsumstellung, sowie eine begleitende naturheilkundige Therapie in den Griff bekommen. Bei Diabetes Typ 1 ist neben dem regelmäßigen Kontakt mit seinem Hausarzt eine Insulintherapie. Ausreichende Bewegung, Gewichtsabnahme bei Übergewicht, regelmäßige Mahlzeiten mit abwechslungsreicher, frischer Vollwertkost (Sojabohnen, Kürbis, Mais, Chinakohl usw.) Eine große Rolle spielt auch der glykämische Index, der die Auswirkung von Nahrungsmitteln auf den Blutzucker darstellt. Je niedriger der glykämische Index eines Lebensmittels ausfällt, desto weniger Insulin muss der Körper dafür bereitstellen.

Beispiele:

• guter glykämischer Index: Vollkornprodukte, Milchprodukte, Eier, Blatt- und Kohlgemüse, Hülsenfrüchte, Äpfel, Birnen

• schlechter glykämischer Index: Weißmehlprodukte, Schokomüsli, Cornflakes, Dosenfrüchte

Eine gute, begleitende Alternativtherapie zur Schulmedizin ist immer auf die persönlichen Lebensumstände abzustimmen. Eine professionelle Ernährungsberatung ist deshalb die Grundlage den BMI *** und den HbA1c-Wert in einem gesunden Gleichgewicht zu halten. Ganz alltägliche Dinge erleichtern Diabetikern den Umgang mit ihrer Krankheit. So gibt es Hautpflegemittel mit besonderen Wirkstoffen, die die empfindliche Haut von Diabetikern vor dem Austrocknen und vor Infektionen mit Pilzen oder Bakterien bewahren. Die Füße sind ein wunder Punkt, bedroht durch Verhornung, Verletzung oder Druckgeschwüre. Die Füße sollten deshalb täglich auf Hinweise untersucht werden. Eine diabetesgerechte, professionelle Fußpflege hilft die Fußgesundheit lange zu erhalten. Spezielle Socken, Shirts und Unterwäsche mit Softbündchen wirken dank der eingearbeiteten Silber- oder Sojafasern desinfizierend und heilungsfördernd.

 *** Ab einem Body-Maß-Index (BMI) > 25 spricht man von Übergewicht, bei einem BMI > 30 von Adipositas. 2009 hatten in Deutschland circa 60 % der Männer und 43 % der Frauen einen BMI > 25, davon waren 16 % adipös. Bei der Adipositas nimmt nicht nur das Risiko von Diabetes mellitus und Herz-Kreislauf- Erkrankungen zu, auch der chronisch überbeanspruchte Bewegungsapparat verursacht Beschwerden.

Abb. 7: Proliferative diabetische Retinopathie
Abb. 8: Rubeosis Iritis: eine verstärkte Proliferation der Blutgefäße der Iris und des Augenkammerwinkels

Naturheilverfahren

Die naturheilkundlichenTherapieverfahren bieten viele Möglichkeiten zur Patientenunterstützung. Der Diabetes mellitus Typ1 muss fachärztlich behandelt werden. Dem Typ-2-Krankheitskomplex begünstigende Faktoren sollten ausgeschaltet werden. Begleitend dazu können auch naturheilkundliche Maßnahmen getroffen werden. Zu beachten ist bei der Anwendung immer die Wechselwirkung auf die Schulmedizinische Therapie. Aus diesem Grund sollten nur unbedenkliche Heilpflanzen und sichere Verfahren angewendet werden. Die folgende Tabelle (Tab. 5) zeigt einen kleinen Teil bewährter naturheilkundlicher Maßnahmen zur Verbesserung der Stoffwechsellage bei Diabetes mellitus.

Ernährung                         Vollwerternährung mit Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, pflanzliche Fette, ausreichende Flüssigkeitsaufnahme

Sport                                 Unterstützung zur Diabetes-Therapie – gesundes Sportpensum

KlassischeHomöopathie  Acidum phosphoricum,Carcinosinum, Helonias, Lac defloratum, Lycopodium, Lycopus,Phosphorus, Plumbum, Sulfur

Komplexmittel                   Diabetes – Entoxin NTropfen

Augen-Akupunktur           Friday eye haelthcare needle –Augentherapie nach Freitag

Augenbäder                      isotonischeKochsalzlösung

Augenübungen                 Entspannungsübungen derAugenmuskel, Palmieren, Augen-Rollen

Licht-Therapie                  blau, lichtgrün + gelb

Vitamine                            Vitamin A- + C- +E- + D-Präparate, Vitamin B1-, B6-, B12-Komplex

Vitalstoffe                         Coenzym Q,Beta-Karotin, Nacinamid, Folsäure, Biotin, Magnesium, Zink, Chrom, Selen, Omega 3-Fettsäuren, Taurin

Mineralstoffe und  

Spurenelemente               Chrom, Magnesium, Zink, Mangan,Niacin, Selen, Magnesium

Alternativen                      Aderlass,Hydrotherapie, Ausleitungsverfahren, Eigenbluttherapie, Heilpilze, Ayurvedische Behandlungen, Hypnose, Autogenes Training,

Atem-Therapie

Selbstdiagnose Amsler-Gitter

Tab. 5: Naturheilverfahren bei Diabetes mellitus

Abb. 9: Amslergitter - regelrechte Wahrnehmung

Abb. 10: auffälliger Selbsttest zur Funktionsfähigkeit der Makula (Amslergitter)

 Anwendung:

- Halten Sie den Test ineiner Leseentfernung von 35 cm.

- Falls Sie eine Brille oder Kontaktlinse tragen, benutzen Sie diese!

- Decken Sie ein Auge mit der hohlen Hand ab.

- Blicken Sie auf den zentralen Punkt.

- Wiederholen Sie den Test mit dem anderen Auge.

- Was und wie sehen Sie?  - Sind alle Linien gerade?

                                             - Haben alle Quadrate die gleiche Größe?

                                              - Sehen Sie alle vier Außenecken?

                                             - Gibt es leere Stellen?

                                             - Sehen Sie wellige Linien?

                                              - Sehen Sie verzerrte Stellen?

Sind bei der Anwendung Testanteile unregelmäßig sollte umgehend ein Augenarzt kontaktiert werden. Dieser Amslertest zeigt Veränderungen der Netzhaut mit Hinweisen auf verschiedene Erkrankungsmöglichkeiten.

Quellen

1.     Kanski, J. Klinische Ophthalmologie: Lehrbuch und Atlas. Urban & Fischer Verlag, 6. Auflage, 2008

2.     Bach, H-D. Äußere Kennzeichen Innerer Erkrankungen. BIO Ritter GmbH, 17. Auflage, 2010

3.     Bierbach, E. Naturheilpraxis Heute. Urban & Fischer Verlag, 4.Auflage, 2009

4.     Richter, I. Lehrbuch für Heilpraktiker. Urban & Fischer Verlag, 2009

5.     Jacoby, B. Gesünder leben mit den 5 Elementen. Herder Verlag, 2008

6.     Berke, A. Allgemeinerkrankungen und das Auge. DOZ Verlag, 2005

7.     Deutsche Diabetesstiftung

8.     Deutsche Diabetes-Gesellschaft

9.     Holst, S, Meiser U. Diabetes, Was man wissen muss. Südwest Verlag, 2006

10.  Huch, R, Jürgens D.J. Mensch, Körper, Krankheit. Urban & Fischer Verlag, 6.Auflage, 2011

11.  Matejka, R. Ausleitende Therapieverfahren. Urban & Fischer Verlag, 3. Auflage, 2010

12.  Krebs, H. Praxis der Eigenbluttherapie. Urban & Fischer Verlag, 5. Auflage, 2011

13.  DHU: Homöopathisches Repetitorium. 2014

 

Fotos /Abbildungen: Randy Freitag

Autor:

Randy Freitag

– GermanEyeCare –

Hoffmannoptik e.K. – Augenoptisches Kompetenzzentrum im Markgräflerland

EurOptom, Augenoptiker-Meister, Heilpraktiker

veröffentlicht: Der Heilpraktiker, Verlag Volksgesundheit - 1/2016